Trauer in Nepal und Bhutan
Lopön Tsechu Rinpoche war schon vor mehreren Jahren an Asthma und Herzschwäche erkrankt und befand sich seitdem immer wieder in ärztlicher Behandlung. Zwei Tage nach seinem Tod im internationalen Bumrung Hospital in Bangkok wurde der Körper nach Kathmandu geflogen, wo ihm mehr als 3.000 Besucher und zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens, darunter die Mutter des bhutanesischen Königs, die vorerst letzte Ehre erwiesen. Ein PKW-Konvoi von mehr als 400 Fahrzeugen geleitete den Sarg zum Hauptkloster Lopön Tsechus, Sangye Chöling, wo er aufgebahrt wurde. Sowohl Nepal als auch Bhutan möchten den Körper des religiösen Führers in ihrem eigenen Land beerdigen.

Die Biografie: Lehrjahre in Bhutan, Nepal und Tibet
Lopön Tsechu Rinpoche wurde 1918 in Bhutan geboren und mit sieben Jahren Mönch in Phunaka Dzong, dem größten Kloster des Landes. Mit 13 Jahren begleitete er seinen Onkel, Ngawang Palzang Rinpoche (auch Lama Sherab Dorje genannt), nach Nepal, um dort unter seiner Anleitung zu meditieren.

Der große Verwirklicher der Drukpa Kagyü Tradition gab ihm eine umfassende Ausbildung und ließ ihn unter harten Bedingungen in den Höhlen Milarepas und an den heiligen Stätten von Guru Rinpoche meditieren.

Nach Textstudien in Bhutan und weiteren Meditationsretreats in Nepal unternahm Lopön Tsechu Rinpoche mehrere Pilgerreisen zu Klöstern und heiligen Stellen in Tibet und erhielt Übertragungen von mehreren Lehrern aller vier tibetisch-buddhistischen Schulen: Kagyü, Ningma, Sakya und Gelug.

Schlüsselfigur für den nepalesischen Buddhismus
1944 begegnete er in der bhutanesischen Stadt Bum Tang zum ersten Mal dem 16. Karmapa. Daraufhin wurde dieser einer seiner wichtigsten Lehrer und gab die meisten Erklärungen und Übertragungen der Karma Kagyü Linie an ihn weiter. In den folgenden Jahren betreute Lopön Tsechu Rinpoche mehrere buddhistische Klöster in Nepal und kümmerte sich um die buddhistische Minderheitsbevölkerung des Landes, für deren Zusammenhalt und Integration er sich unermüdlich einsetzte. Besondere Energie verwandte er auf den Erhalt buddhistischer Klöster und Stupas sowie alter Meditationsstellen, nebenbei ließ er vielerorts OM-MANI-PEME-HUNG-Gebetsmühlen errichten.

Gleichzeitig hielt er die Verbindung zu seiner Heimat Bhutan lebendig und war bis zu seinem Tod ein enger Vertrauter des dortigen Königshauses. Auch im Konflikt um die Wiederauffindung des Karmapa spielte er eine tragende Rolle und stellte sich schon 1994 hinter den 17. Karmapa Thaye Dorje.

Förderer der westlichen Diamantweg-Zentren
1987 bereiste Lopön Tsechu Rinpoche auf Einladung seiner ersten westlichen Schüler und nahen Freunde Hannah und Ole Nydahl zum ersten Mal Europa. Seitdem wurde er zu einem wichtigen Förderer des westlichen Laienbuddhismus und besuchte jährlich die von Lama Ole Nydahl gegründeten Diamantweg-Zentren der Karma Kagyü Linie in Ost- und Westeuropa, Amerika und Australien. Dort und auf großen Mediationskursen gab er zehntausenden von Schülern Erklärungen und Einweihungen. Zudem leitete er den Bau von Stupas in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Dänemark und Polen sowie der mit 13 Metern derzeit höchsten Stupa im spanischen Zentrum Karma Guen. Als krönenden Schlusspunkt dieser Arbeit begleitete er die Errichtung der größten europäischen Stupa nahe Malaga, die im September 2003 eingeweiht wird. Darüberhinaus besuchte er buddhistische Zentren in ganz Asien.

Offener Brief von Lama Ole Nydahl vom 11. Juni 2003

Sehr liebe Diamantwegs-Freunde,

eine mächtige Eiche ist in unserem Wald gefallen, einer der letzten wahren geistigen Riesen hat uns verlassen.
Am 10. Juni 2003 um 7:14 mitteleuropäischer Zeit - am Tag Guru Rinpoches, an dem er auch zur Welt kam, der zehnte Tag des Mondkalenders (Tsechu) - konnte Lopön Tsechu Rinpoche seinem 85 Jahre alten Körper nichts mehr entnehmen. Ein vertrauter Helfer und Führer unserer Arbeit, Hannahs und mein Lehrer über volle 36 Jahre und ein grosses Beispiel für unzählige Wesen ging vom Internationalen Krankenhaus in Bangkok in die Buddha-Bereiche.

Das Leben der Leute ist ihre umfassendste Belehrung und Lopön Tsechu Rinpoche zeigte uns noch am Ende die Kraft des Geistes durch einige erstaunliche Zahlen. Hier die Umstände, unter denen er seine letzten Erfolge zum Nutzen von so vielen verwirklichte: Schon vor vier Jahren, als er zum ersten Mal in das Krankenhaus kam, stellten die Ärzte fest, dass die Leistung seines Herzens nur 20% betrug. Man braucht 60% zum Leben, und sie waren sprachlos. Während
er um die Welt zu unseren Zentren reiste und der Bereich seiner Taten - geschickt vermittelt durch seine Vertraute Maggie - immer mehr zunahm, sank der Prozentsatz auf 12%. Selbst Segen und Willenskraft können nicht erklären, was ihn noch hier hielt.

Leuchtend bewußt, selbst wenn er zu schwach war für Worte oder einfachste Bewegungen, leitete er während kurzer Energiestöße immer noch jede Einzelheit seiner Vorhaben. So schloss er sich dem 16. Karmapa als ein Wahrzeichen heutigen Verwirklichertums an: Nicht zulassend, dass irgendwas seine Sichtweise stoppt und kein Hindernis für sein Ziel akzeptierend, machte er uns alle zu Siegern. So wurden wir seine Partner im Erwecken des Erleuchtungsgeistes in den Wesen.

Mögen wir ihm noch mehr Freude bereiten! So wie er aus seinem Hintergrund heraus alles gab, lasst es uns in unsere Weise ebenfalls tun. Wir werden nichts an unseren Plänen ändern und sollten uns alle treffen wann auch immer wir können.

Übt viel. So feiern wir Rinpoches großartiges Beispiel am besten. Karma Gön Spanien,

Lama Ole Nydahl