Antwort von Lama Ole Nydahl:
Zuerst ist es wichtig zu verstehen, dass der Buddha kein schöpfender oder strafender Gott ist, der mit dem moralischen Zeigefinger auf uns zeigt. Der Buddha wünscht nur, dass es uns gut geht, dass wir besser leben, sterben, wiedergeboren werden, und dass wir uns entwickeln.
Der Buddha hat sich sehr weitgehend aus unseren Schlafzimmern raus gehalten. Das war das Klügste, was er tun konnte.
Die Menschen sind eben unterschiedlich. Es gibt kulturell gesehen sehr viele unterschiedliche Modelle.
Das im Westen vorherrschende Modell ist Eins plus Eins: der Mann hat eine Frau, die Frau hat einen Mann. Man hat ein paar Kinder. Das hat in der westlichen Welt die stabilste Gesellschaft geschaffen. Und tatsächlich sieht es ja auch so aus, als wäre es für die meisten Leute am Besten. Aber häufig wird es auch ein bisschen zu eng, es gibt zu viel Druck und zu viele Erwartungen, wie in einem Dampfkochtopf.
In anderen Ländern gibt es Polygamie; der Mann hat mehrere Frauen. Dann gibt es Länder wie Tibet, wo es Polyandrie gibt, wo die Frau mehrere Männer hat.
In Grönland gehört es zur Gastfreundschaft, dass der Reisende mit der Frau des Gastgebers die Nacht verbringt, wenn er zu Besuch kommt. Denn er ist meistens ein paar Wochen durch das Eis gereist, während der Mann ja immer da ist. Natürlich muss die Frau auch damit einverstanden sein.
In den arabischen Staaten dagegen müssen die Frauen ihre Körper verhüllen, weil die Männer nicht wollen, dass man sieht, wie schön oder hässlich sie sind. Leider wird dadurch die Bewegungsfreiheit der Frauen sehr stark eingeschränkt, und es kommt tatsächlich häufig zu Verkehrsunfällen, weil sie nicht richtig sehen können.
Zwischen diesen Modellen der Freiheit und der Einengung finden halt unterschiedliche Menschen ihren Weg. In hohem Maße ist das vom Karma abhängig. In den meisten Fällen hat man wohl das stärkste Karma mit einem oder zwei Partnern, mit denen man in früheren Leben zusammen war.
Inzest ist das Einzige, wogegen sich der Buddha entschieden ausgesprochen hat. Darin war er ganz klar. Aber sonst kann man als Buddhist oder Buddhistin in fast jeder Gesellschaft gut leben, ohne in Schwierigkeiten zu kommen. Eine sexuelle Beziehung die nicht weh tut, ist ein gute sexuelle Beziehung.
Erst wenn Kinder kommen, dann entsteht eine richtige Verpflichtung. Da hat man Wesen in die Welt gesetzt, die von einem abhängig sind. Da sollte man versuchen, eine gute Familie zu sein oder zumindest ein gutes Verhältnis zueinander zu haben