Antwort von Lama Ole Nydahl:
Ich arbeite auch die ganze Zeit bis an meine Grenzen. Oft komme ich an einem Ort an, sehe alle meine Freunde und will wahnsinnig gerne mit ihnen reden, aber ich weiß, wenn ich mich nicht erst eine Stunde hinlege, dann wird es sehr langweilig, weil ich vor Müdigkeit immer wieder dasselbe erzähle. Aber es gibt die Möglichkeit, den Schmerz als Energiequelle zu nutzen. Ich habe schon mehrmals einen Vortrag oder etwas anderes nur durchgestanden, weil ich den Schmerz als Antriebskraft hatte. Ich erinnere mich, dass ich einmal einen Vortrag lang ausgedehnt habe, weil die Polizei draußen stand und mit mir über das Auto reden wollte, mit dem ich gekommen war. Und da sie nicht den Vortrag unterbrechen wollten, habe ich ihn immer weiter ausgedehnt, bis sie wieder gegangen sind. Ich war so müde, dass mir die Augen zugefallen sind. Aber meine Stiefel waren zu klein, dieser Schmerz hat mich durchhalten lassen. Ich glaube, es war der Schauspieler Laurence Olivier, der empfohlen hat, immer einen Stein im Schuh zu tragen, wenn man etwas lernen sollte. Dieser schmerzhafte Druck war für ihn ein roter Faden, eine Ebene, aus der er Kraft schöpfen konnte. Wenn dir die Augen wehtun, dann sei dir deiner Augen bewusst und ziehe diese Kraft des Schmerzes aus den Augen heraus. Tut der Rücken weg, dann sei dir deines Rückens bewusst und benutze ihn als Energiequelle. Am besten nimmst du deine Mutterliebe als Kraftquelle. Das machen ja 2 Milliarden Mütter auf der ganzen Welt jetzt im Augenblick genauso. Versuche, die Kraft aus deiner Mutterliebe, aus der Erfahrung und dem Erlebnis zu ziehen. Nimm immer das, was am stärksten ist und hol dir daraus deine Energie. Was auch an Gedanken kommt, setze es ein und nutze es. Bereichere dich durch deine Erfahrungen, gehe von einer reichen Perspektive aus, nicht von einer armen. Wir schaffen unser Leben selbst, wir selbst bestimmen, was geschieht. Geht den Weg der Identifikation, er ist der schnellste und direkteste Weg. Vermeidet auf der äußeren Ebene alles, was zu schwierigen Träumen und Erlebnissen führt, vermeidet wirkliche Feindschaften und große Probleme, indem ihr euch z.B. niemals viel Geld ausleiht. Auf der inneren Ebene heißt es dann, Mitgefühl und Weisheit zu entwickeln. Mitgefühl bedeutet, soviel an andere denken, dass man keine Zeit mehr für sich selber hat, und dass man auch den Wunsch aller Wesen nach Glück wirklich erkennt und erlebt. Weisheit bedeutet, die Sachen nicht mehr persönlich zu nehmen: Sich klar zu werden, dass so etwas mit allen geschieht, dass alle irgendwann diese Erfahrungen machen. Und auf der höchsten Ebene identifiziert man sich mit den Buddhas. Genauso funktionieren unsere Meditationen. Nach einer zwanzigminütigen Meditation ist ja nicht mehr alles so wie vorher. Wenn man aus der Meditation kommt, geht man in eine reine Welt, alle sind Buddhas, ob sie es wissen oder nicht. Alles ist der Natur nach rein, alles hat alle Fähigkeiten und Möglichkeiten. Es ist wichtig, alles von einer Ebene des Überschusses aus zu erleben. Und das bedeutet, dass man sich so sehr wie nur möglich wie ein Buddha verhält, dass man nicht einfach nur meditiert und das war’s dann. Auch nach der Meditation ist der Partner noch zu dick, bellt der Hund immer noch, benehmen sich die Kinder immer noch unmöglich, ist der Chef immer noch nicht zum Aushalten. Aber man erlebt es anders. Es ist wichtig, dass man eine reine Ebene erlebt, wenn man aus der Meditation rausgeht.