Antwort von Lama Ole Nydahl:
Wenn man so denkt, hat man die Dinge grundlegend falsch verstanden. Denn in dem Maße, wie wir für andere arbeiten, tun sie auch etwas für uns. Natürlich muss man begabt handeln. Einem Schmarotzer soll man kein Geld geben, und Leuten, die schwierig sind, gibt man keine Möglichkeit, schwierig zu sein. Wenn einem jemand immer am Rockzipfel hängt, soll man sich nicht ausnutzen lassen, denn das bringt keinem etwas. Das Beste ist ein fröhlicher Austausch mit anderen, wenn jeder gibt, was er hat.
Je mehr du auf menschlicher Ebene gibst, desto mehr bekommst du. Der Geist ist wie ein Brunnen: Wenn Du ständig Wasser nimmst, ist es immer frisch. Wenn du nichts nimmst, dann liegen irgendwann fünf tote Frösche drin und du kannst es nicht trinken.
Ich würde gar nicht so sehr an mich selbst denken. Wenn man an sich denkt, hat man nämlich Probleme, und wenn man an andere denkt, hat man Aufgaben! Ich würde dieses Ich überhaupt nicht reinbringen. Ich würde versuchen zu sehen, was am meisten nutzt. Einmal ist es vielleicht am nützlichsten, etwas für sich selbst zu tun, ein andermal, etwas für andere zu tun. Mal ist es vielleicht so , dass man Klimmzüge macht, um selbst stark zu werden, und ein andermal trägt man dann für jemanden ein Klavier ins nächste Stockwerk. Handelt man auf diese Weise, hat man nicht so viele Begriffe dabei. Man tut, was vor der Nase ist und hat immer ein Gefühl von „Wir“, dann bleibt es groß.
Man macht dabei auch die Erfahrung, dass wir uns alle gegenseitig bedingen. Wenn man mit der Einstellung anfängt, etwas für sich selbst zu tun, dann muss man die Spur wechseln und zu der Erfahrung kommen, dass es um ein „Wir“ geht. Wenn man nicht zwischen „ich“ und „wir“ trennt, sondern tut, was anliegt, was Spaß macht und im Moment fließt, dann kriegt man alles geschenkt. Dann entstehen die Kraftkreise und die Verbindungen. Möglichkeiten verdichten sich aus dem Raum, man ist immer zu Hause. Das Wichtigste ist, immer in der Mitte zu sein, in sich zu ruhen, in sich Vertrauen zu haben. Aus dieser Mitte, aus dem Überschuss und aus der Kraft heraus handelt man dann.