Antwort von Lama Ole Nydahl:
Macht Euer Mitgefühl nicht zu einem Ding! Geht nicht herum und sagt „hier ist mein Mitgefühl!“ oder „ich bin demütiger als du!“, wie es so mancher Buddhist aus anderen Schulen tut. Tut cool, was vor der Nase ist! Handelt in dem Augenblick, in dem Mitgefühl da ist. Lässt man in dem Augenblick los, in dem die Aufgabe beendet ist, hat man immer saubere Hände. Dann ist man wie der Wind, der einfach den Staub aus dem Fenster wirbelt; und wenn das Fenster wieder zu ist, ist auch der Raum wieder warm.
Wenn man aus dem Mitgefühl ein Ding macht, wird es klebrig. Man handelt und tut, was man kann, denn der Mensch ist eben grundlegend nett. Danach vergisst man es und geht fröhlich weiter.
Hierzu gibt es eine nette Geschichte: Zwei Mönche aus einer wilden Sekte, die nichts mit Frauen zu tun haben durften, kamen an einen Fluss, den auch eine Dame überqueren wollte. Der eine der beiden Mönche trug sie, stellte sie auf der anderen Seite wieder ab und ging weiter. Der andere schluckte fünfmal seine Mandeln und war völlig durcheinander. Er schaffte es erst nach drei Tagen, zu fragen: „Wie konntest du sie nur anfassen?“ Der erste erwiderte: „Ich habe sie wieder abgestellt, aber du trägst sie immer noch!“ Es ist vor allem geistige Gesundheit, dass man im Nu handelt. Von einer wirklich richtigen Tat sagt man, sie ist wie eine Malerei im Wasser: Vorher ist nichts, hinterher ist nichts, im Augenblick passt alles! Da ist nichts klebrig, nichts erwartend, nichts befürchtend, es gibt kein Morgen und kein Gestern. Das ist die Ebene des Diamantwegs, die Ebene von Mahamudra.